Manuskript Seite 502: Boxenstopp.
Seit Anfang September habe ich mich kaum vom Schreibtisch weggerührt und nur aus dem Augenwinkel beobachtet, wie die Laubdecke auf dem Rasen wuchs. (Sie wächst immer noch).Den größten Teil dieser Zeit habe ich damit verbracht, mein jüngstes Manuskript voranzubringen und in meiner Vorstellung eine Epoche zum Leben zu erwecken, in der in unserem Norden eine legendäre Stadt unterging, die Dänen sich mit den Norwegern schlugen, der Kaiser sich mit Slawen und noch vielen anderen Leuten schlug, Wilhelm der Eroberer die Übernahme des englischen Throns ausheckte, und die Wikingerzeit sich ihrem offiziellen Ende zuneigte.
Eigentlich würde ich gern sofort damit weitermachen, denn ich habe meine Heldin just heute Morgen in eine sehr böse Lage gebracht, und auch mein Held muss gerade um sein Leben bangen.
Dennoch mache ich eine Pause mit dem Schreiben, weil der Verlag sich zu Weihnachten von mir eine lange Leseprobe wünscht, um für die anstehende Wahl von Titel, Cover, Vorschautexten und allem, was dazugehört, besser gerüstet zu sein.
»Warum schickt sie dem Verlag nicht einfach ruckzuck, was sie schon fertig hat, und schreibt morgen gleich weiter?«, werdet ihr euch vielleicht fragen.
Na ja, weil »fertig« nicht gleich »fertig« ist.
Nicht umsonst komme ich freiwillig nie darauf, einen unvollendeten Text oder Teile davon herauszurücken und dem Urteil anderer auszusetzen. Ich mache das normalerweise erst, wenn ich mein komplettes Werk doppelt und dreifach überarbeitet habe.
Ich würde zwar nicht wie Hemingway brutal sagen »The first draft of anything is shit«, aber fast.
Meine ersten Fassungen betrachte ich nur als Modelliermasse, die ich produzieren muss, damit ich bei der Überarbeitung die Geschichte formen kann, die ich eigentlich erzählen will. Abgesehen davon, dass ich mir beim Schreiben dieser frühen Fassungen sprachlichen Quatsch wie Wortwiederholungen, Füllwörter, ungeschickte Bilder, fehlende Beschreibungen, und, und, und vorerst schnuppe sein lasse.
Lange Rede, kurzer Sinn – bis Weihnachten heißt es: Kneten, Formen, Schleifen. Passt ja irgendwie auch in die Back- und Bastelzeit.
Was mich sonst noch beschäftigt hat
- Die Druckfahnen von »Kaffeeklatsch mit Goldfisch«. Nicht mehr lange, dann beginnt die Auslieferung. Und ich bin dieses Mal natürlich doppelt gespannt, wie ihr diese so ganz andere Geschichte aufnehmen werdet.
- Seit einem halben Jahr baue ich in freien Schlechtwetterstunden an der neuen Version meiner Webseite, die ich gern zum Jahresanfang online schicken würde. Darauf freue ich mich schon, denn die alte Seite gefällt mir schon seit einer Weile nicht mehr.
- Zum Erscheinungstermin von »Kaffeeklatsch mit Goldfisch« schreibe ich ein kleines Extra, das euch hoffentlich Spaß machen wird.
- Mein Sohn wird morgen fünfzehn. Das Kind ist nicht mehr Kind.